Schlau wie wir sind, haben wir leider keine Bahn reserviert und so sind wir locker, lässig gegen Mittag am Hauptplatz angekommen und haben feststellen müssen, nein, wir sind nicht die Einzigen, die auf die Aiguille du Midi wollen. ;( So haben wir uns brav anstellen müssen, am hinteren Ende der Schlange, die hinter der Talstation erst endete. Aussicht auf zwei Stunden Wartezeit bis wir überhaupt Tickets für eine der Gondeln rauf bekamen. Wu sind ein ganz klein wenig die Sicherungen durchgebrannt. Verständlicherweise. Wir haben es dann aber doch geschafft, in einer Stunde standen wir an der Kasse, um dann eine weitere Stunde auf unsere Kabinenbahn Nummer 49 zu warten. Endlich standen wir dann in der Bahn, eng zusammengeschlungen mit weiteren 50 Personen aus der ganzen Welt. Vorzugsweise in Trägertops und Flip Flops. Gott sei Dank, gibt es keinen „Geruchsblog“ und ich kann Euch das vorenthalten. Unsere jetzige Aussicht: die Bergstation Aiguille du Midi und ein leckeres Abendessen auf der „Le Cosmiques„-Hütte und ein Sonnenuntergang der Extraklasse. Nach zwei Tagen Zwangspause in Chamonix waren wir nun wirklich voller Vorfreude.
Um 01:00 in der Früh gab es Frühstück, das Aufstehen fiel mir leicht. Ich war ziemlich aufgeregt und Wu war auch glücklich, dass es endlich los ging. Noch schnell frühstücken und dann ging es pünktlich los in die sternenklare Nacht mit Vollmond. 🙂 Es war eigentlich gar nicht so kalt. Die Gletscherausrüstung saß, das Set-Up stimmte.
Geschafft. Ab jetzt waren wir so ziemlich alleine auf dem Weg. Weiter Richtung Schulter, vorbei an einem Serac, mit einen Zwangszwischenstop. Wu hat seinen Eispickel verloren. Der rutschte einige Meter runter. Gott sei Dank blieb er hängen. Das wäre sonst später etwas zum Verhängnis geworden. Erster Anstieg geschafft. Auf 4120m ging es dann wieder runter ins Col Maudit (4035m). Um dann zum zweiten steilen Anstieg Richtung Col Du Mont Maudit (4345m) anzusteigen. In der Dunkelheit habe ich zum Glück nicht gesehen was für eine steile Schneeflanke auf mich wartete. Irgendwann wurde es so steil, dass es dann wirklich um die Sache ging. Zumindest für mich. Meine erste Schneeflanke von ca. 50 Grad Steilheit. Mein erstes Mal! Wu ist souverän vorgeklettert und hat mir sein Steileisgerät zusätzlich gegeben und mich nach oben gelotst. Er hat mir ein extremes Sicherheitsgefühl gegeben. Obwohl die gesetzten zwei Einschrauben (eine für meine Selbstsicherung und die zweite für ? irgendwo nach 40 Metern bei Wu oben), sicherlich nur zur Optik waren.
Der Ausblick war atemberaubend und der Mont Blanc zeigt sich zum ersten Mal an diesem Morgen in seiner vollen Pracht. Erst einmal der Abstieg ins Col de la Brenva (4303m). Von dort aus ging es in einer leichten Steigung weiter Richtung Mur de la Cote (4485m) und schlussendlich auf die nie enden wollenden Serpentinen in Richtung Gipfel des Mont Blanc. Das waren die härtesten 400HM meines Lebens. Die Luft zum atmen war schon sehr knapp. Gott sei Dank waren wir halbwegs gut akklimatisiert vom Gran Paradiso und trotzdem fühlst Du Dich, als geht gar nichts mehr. Wu hingegen muss zwar auch a bissl mehr atmen, fühlt sich aber trotzdem ziemlich fit und: „ein wohliger Schauer läuft mir den Rücken hinunter bei dieser Art des Bergsteigens.“ Das ist schon cool. Aber auch ihm kamen die letzten HM ziemlich lang gezogen vor. Wir waren nach wie vor so gut wie alleine, haben einige Gruppen hinter uns gelassen. Sterbefälle sieht man darauf wirklich genug – die Bergführer zerren die Leute wirklich irgendwie darauf, aber auf den letzten Meter geht bei fast allen gar nichts mehr.
Dann war es endlich soweit: DER GIPFEL! Nach 6 1/2 Stunden und fast 1600HM Aufstieg. Mit nur acht weiteren Bergsteigern mussten wir diesen teilen. Sonnenschein und endlose Weite. Am Dach Europas, die Anstrengungen des Aufstiegs waren sofort vergessen. Nur der Wind war leider etwas heftig. Aber man kann ja nicht alles haben.
Netterweise bekommen dort Bergsteiger immer Vorrang und so wurden wir direkt auf die nächste Bahn eingeteilt. Gott sei Dank. Das Ende ist in Sicht. Aber ACHTUNG, die Bahn fährt eine geschlagene Stunde und 10 Minuten runter ins abgelegene Dorf St. Gervais. Wir haben beide die Nerven verloren. Sitzplatz Fehlanzeige, um 52€ ärmer und dann Endstation in St. Gervais. Zurück zu unserem Campingplatz sind es rund 30km. Ein Bus fährt nicht, der Zug erst in einer Stunde. Wir haben uns den Luxus eines Taxis geleistet. Glücklich sind wir erst einmal in die Duschen gefallen um dann anschließend den Gipfel in Chamonix zu feiern. Gut, feiern klingt irgendwie übertrieben. Wir haben eine Cola getrunken und bei MC Donalds gegessen. Dann sind wir beide ziemlich müde im Zelt eingeschlafen. Ein großartiger Tag! Ein Traum wurde war!
Ein paar Tipps:
In Chamonix ist es lohnenswert, den Bahn Multi-Pass zu kaufen. Der berechtigt beispielsweise für 62€ pro Person alle Bahnen zu nutzen und das für zwei Tage lang. Man spart sich also ziemlich viel Geld. Wir haben das leider vorher irgendwie nicht gecheckt. Die Hütte „Les Cosmiques“ ist wirklich zu empfehlen. Freundlich, sauber, gutes Esse und die haben ganz spontan (einen Tag vorher) noch zwei Schlafplätze freigehabt. Zur Info: Manche buchen schon Monate im Voraus, weil sonst alles voll ist. Wir würden immer die Route „The Three Monts“ empfehlen. Die bietet ganz eindeutig den schöneren Aufstieg zum Mont Blanc und es sind weniger Leute unterwegs.
Den Mont Blanc-Führer sollte man direkt in Chamonix kaufen, den gibt es in jedem Kiosk recht günstig. Außerdem gehen wir davon aus, dass der große Bergschrund am ersten Aufstieg zum Mont Blanc du Tacul nicht mehr lange passierbar ist ohne größere Komplikationen. Daher unbedingt ein weiteres Steileisgerät mit einpacken! Wer über die Three Monts Route auch wieder den Abstieg machen möchte, der sollte für das Col du Maudit Abseilausrüstung dabei haben! Bei uns war die erste Abseilstelle eingerichtet. Ganz wichtig ist immer die Beobachtung des aktuellen Wetterberichts. Der Wind spielt eine große Rolle am Mont Blanc und ist nicht zu unterschätzen. Es kann in Chamonix 30 Grad haben, dann kann es sein, dass am Gipfel -20 Grad herrschen.
UND KREDITKARTE nicht vergessen – Chamonix ist etwas teuer! 🙂
Ein paar weitere Impressionen:
Glückwunsch zur Besteigung und es gibt sicher kein besseres Essen für danach als Mc Donalds…richtige Wahl!
Nach so einer Tour seid ihr mehr als bereit für die Trails im Berchtesgadener Land…keine Ausrede! 😉
Noch viel Spaß in den Westalpen!
Hey Danke Steve! JA Mc Donalds ist das BESTE!
Wir sehen uns bald! LG die WuSa´s!
Liebe Sabrina, lieber Wu!
Ich bin mittlerweile (eigentlich schon seit der 1. Stunde) ein großer Fan eures Blogs! Die Berichterstattung ist super, die Bilder toll und ich freue mich schon auf die nächsten Touren mit euch!
Liebe Grüße aus der Heimat!
Christoph
Gratuliere euch beiden, cooler Bericht!!!
Hey Danke Tofei! Voll cool, war es! Aber die Michi hat ja auch voll angerissen am Matterhorn! Voll geil!
LG, die WuSa´s!
Hey Christoph,
super herzlichen Dank zu Deinen lieben Worten! Wir freuen uns auch schon wieder auf die nächsten Touren mit Dir – sind ja auch immer eine feine Sache!
Toll, dass Du ein Fan von WUSA ON THE MOUNTAIN bist! Support können wir immer gebrauchen! 🙂
LG zurück, die WuSa´s!
"Auf den Mont Blanc will ich nicht – da ist mir zu viel los" hab ich bisher immer gesagt. Aber nach diesem Bericht?? Ich befürchte, da wandert mal schnell ein weiterer Gipfel auf meine To-Do-Liste 😉
Wirklich großartig beschrieben.
Weiterhin viel Erfolg!
Erika
ulligunde.com
Hallo Erika, erstmal DANKE! Mit etwas "Glück"und gutem Timing ist man auch am Mont Blanc noch "relativ" alleine, ausser über die Gouter Route … da ist es ein "Wahnsinn"… aber sonst ist es ein Traum 🙂 lg aus Werfenweng !
Tolle Tour, vielleicht pack ich das ja auch mal 🙂
Viele Grüße
Florian
Hi Florian,
Danke Dir und ja, daran erinnern wir uns immer gerne zurück. Am Mont Blanc haben wir noch ein „paar“ Projekte, die wir gerne machen würden. Mal sehen, wann es soweit ist. Und Dir wünsche ich, dass es auch mal klappt – es ist mehr als lohnenswert! LG Sabrina